03.01.2022 | 05:00
E.ON, Gazprom, Nordex - EU-Kommission macht Atomenergie und Gas ‚Grün‘
Eine Entscheidung wurde seit Wochen erwartet, aber dass die EU-Kommission unter der Führung von Ursula von der Leyen (CDU) am 31.12.2021 eine Meldung versendet, in der empfohlen wird, dass Atomkraftwerke mindestens 20 Jahre und Gaskraftwerke für zehn Jahre als nachhaltig deklariert und somit investierbar bleiben oder werden, das dürfte Marktteilnehmer überrascht haben. Wie geht es nun weiter?
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Autor:
Mario Hose
ISIN:
E.ON SE NA O.N. | DE000ENAG999 , GAZPROM ADR SP./2 RL 5L 5 | US3682872078 , NORDEX SE O.N. | DE000A0D6554
Inhaltsverzeichnis:
Der Autor
Mario Hose
In Hannover geboren und aufgewachsen, verfolgt der Niedersachse die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung rund um den Globus. Als leidenschaftlicher Unternehmer und Kolumnist erklärt und vergleicht er die verschiedensten Geschäftsmodelle sowie Märkte für interessierte Börsianer.
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Geisterfahrt beendet?
Es ist kein Geheimnis, dass Angela Merkel in ihrer Amtszeit als Bundeskanzlerin stets darauf geachtet hat, dass ihre Entscheidungen im Volk mehrheitsfähig sind, so konnte der Machterhalt gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang geriet sie auch ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit, als sie im Jahr 2011 in Folge des Nuklearunglücks im 8.750 km entfernten Fukushima die Entscheidung auf den Weg brachte, dass alle deutschen Atomkraftwerke bis zum Ende des Jahres 2022 vom Netz gehen werden. Während weltweit auf Kernkraft gesetzt wird, vermittelte hingegen die deutsche Energiewende den Eindruck einer Geisterfahrt.
Wirtschaftsexperte warnte
Einer der bedeutendsten Kritiker der Merkel-Regierung war Wolfgang Reitzle. In seiner damaligen Funktion als Linde-Chef fand er deutliche Worte für die Entscheidung zum Atomausstieg. Die Marktwirtschaft im Energiesektor sei abgeschafft und „wir haben jetzt Planwirtschaft,“ so Reitzle im November 2011. „Der Strompreis wird explodieren“, sagte der Experte voraus und behielt recht, denn der Strompreis in Deutschland gehört mittlerweile zur Weltspitze. Reitzle beklagte zudem, dass die Debatte in Politik und Medien nach dem Unglück von Fukushima „eher ideologiegetrieben und nicht faktenbasiert“ gewesen sei.
Wie geht es nun weiter?
Der Vorschlag der EU-Kommission muss im nächsten Schritt von den Mitgliedstaaten mit einfacher Mehrheit verabschiedet werden, damit der Inhalt wirksam wird. Diese Mehrheit gilt als gesichert, denn lediglich Deutschland, Luxemburg und Österreich sind gegen Atomenergie in der EU. Was dann mit den drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerken geschehen wird, ist noch offen. Die Bundesregierung kann es als eine gesichtswahrende Chance betrachten und die Laufzeit verlängern. Es ist zu erwarten, dass es EU-Förderung für Atom- und Gaskraftwerke geben wird. Besonders Frankreich hat Interesse an den Zugang zum Fördertopf. Rund 70% des Stroms kommen aus Atommeilern und die sind bereits alt und werden viele Milliarden für Erneuerungen verschlingen. Skurill ist in diesem Zusammenhang, dass Deutschland als größter Nettozahler in der EU somit Atomkraftwerke im Ausland finanzieren und diesen Strom wohlmöglich bei Bedarf beziehen wird.
Warum wäre eine Laufzeitverlängerung wichtig?
Laut Einschätzung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sank die Produktion aus erneuerbaren Energien in 2021 um -0,2%. Die Kernenergie legte hingegen um +7,2% zu. Ein besonders starker Anstieg wurde jeweils bei Braunkohle (+18,0%) und Steinkohle (+17,9) verzeichnet. Auch Erdgas stieg um +3,9%, lediglich Mineralöl sank um -5,1%. Die Voraussetzungen für 2022 sind alles andere als rosig. Durch die Abschaltung von drei Atomkraftwerken in Deutschland ist die Abhängigkeit von den Nachbarländern gestiegen. Man kann auch sagen, dass Deutschland seine Probleme outgesourct hat, aber die Bürger und Unternehmen müssen für diesen Schein einen hohen Preis zahlen.
Steilpass für Deutschland
Die vorangegangene Bundesregierung strebte in ihrer Energiewende eine höhere Versorgung durch erneuerbare Energie an, aber geriet dabei an die Grenzen der Akzeptanz in der Bevölkerung. Gleichzeitig wurden in der Mobilität zusätzliche Subventionen für mehr Stromverbrauch auf den Weg gebracht. D.h., mehr Verbrauch traf auf stagnierendes sauberes Angebot. Besonders fatal in diesem Zusammenhang ist, dass Versorgungsengpässe durch die Abschaltung von steuerbaren Energiequellen verursacht wurden. Mit der EU-Empfehlung kann die neue Regierung nun die Chance nutzen und die Atomkraftwerke länger laufen lassen sowie das Netz mit Gaskraftwerken weiter ausbauen.
Der Energieversorger E.ON dürfte zum Handelsstart gefragt sein, ebenso der russische Gaslieferant Gazprom. Die EU-Kommission schafft einen erforderlichen Rahmen für Planungssicherheit und neue Zugänge zu Finanzierungen sowie Förderungen. Wie viel Geld zukünftig noch für Windenergie zur Verfügung stehen wird, werden wir sehen, für Nordex könnte das Umfeld schwieriger werden. Die Gefahr eines Blackouts dürfte auf unbestimmte Zeit vertagt sein, sofern der EU-Plan umgesetzt wird.
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